Öffnung in der Einstiegsphase

Öffnung von Unterricht kann auf viele Arten erfolgen. Dieser Artikel beschäftigt sich nur mit der Gestaltung von problemorientierten Einstiegen hinsichtlich des Öffnungsgrades.

Funktion der Öffnung

Das Ziel des Einstiegs ist in der Regel das Aufwerfen einer Problemfrage, doch viele Einstiege ermöglichen viele Fragen. Das ist sehr schön, wenn man eine Einheit mit den Schülern vorstrukturieren möchte, hier sind mehrere Fragen erwünscht. Im Falle, dass man nur eine Problemfrage in der Stunde behandeln möchte, kann man die Möglichkeiten durch entsprechende Materialgestaltung einzuschränken.

Ist es wichtig, dass möglichst alle Schüler sich des Problems bewusst werden, d.h. es benötigt immer Zeit, bis alle Schüler die Implikationen des Materials bedacht haben. Dies ist kein Nachteil, denn da der Einstieg sinnstiftend sein soll ("Warum machen wir das eigentlich?"), ist diese Zeit gut angelegt.

Wenn ein Einstieg offener ist, kommt es zu mehr eigenen Überlegungen, mehr Vorwissen wird einbezogen, die Frage kommt mehr aus den Gedanken der Schüler, sie machen sie sich so eher zu eigen, sie wirkt nicht übergestülpt. Auch wird die Fragekompetenz geschult: Gerade bei vielen Fragen und Überlegungen kommt es darauf an sie zu präzisieren bzw. das Problem einzugrenzen.

Allerdings ist ein offener Einstieg weniger zielführend, es wird mehr diskutiert, oft nehmen solche Stunden unerwartete Wendungen. [Anmerkung: Wenn man den Mut hat, auf die Schüler zu vertrauen, sind dies oft die schönsten Stunden.] Neben der geringen Zielgerichtetheit überfordern vollkommen offene Einstiege Schüler auch manchmal ("Was sollen wir machen?"). Nach einigen problemlösenden Stunden wissen die Schüler aber in der Regel, was erwartet wird. Nachteil der engeren, geschlosseneren Einstiege ist dann eben der Raum für weniger eigene Überlegungen, die Frage könnte aufgesetzt wirken, sie wird nicht zur Frage der Schüler.

Möglichkeiten der Öffnung beim Unterrichtseinstieg

Die intendierte Fragestellung war: "Wer düngt den Wald?" und sollte dann die Untersuchung der Laubstreu und ihrer Bodenorganismen anregen. Die Unterrichtsskizze dazu findet sich hier. Als gemeinsame Grundidee aller Varianten sollte die Gegenüberstellung eines Feldes auf dem gedüngt wird und eines Waldes, wo kein Landwirt düngt, die Überlegungen der Schüler auf dieses Problem lenken.

Die Einstiegsfolien A-F weisen einen zunehmend geringer werdenden Öffnungsgrad auf.

A) Die missverständliche Version

wald_aDiese Anordnung der Bilder hatte ich zuerst gewählt, weil der Übergang zwischen Feld und Wald so gut aussah. Durch den gemeinsamen Rahmen wurde der Eindruck der Zusammengehörigkeit weiter verstärkt. Dadurch ergeben sich (selbst mit Zusatztexten) Fragen, die in eine ganz andere Richtung gehen. Sie gehören alle in den Bereich Sukzession, etwa "Wie entsteht ein Wald?" Der Eindruck der Kontinuität ist hier kontraproduktiv.

B) Offener Einstieg

wald_bBesser geeignet ist folglich eine optische Trennung der beiden zu vergleichenden Landschaften. Bei der rein bildlichen Gegenüberstellung ohne Textanteile sind viele Assoziationen möglich, die Klasse wird daher verschiedene Fragen formulieren: "Was brauchen Pflanzen zum Wachsen?", "Was ist im Dünger?", "Ist das Düngen schädlich?", etc.

Auch hier wird vermutlich die Sukzession in den Blick genommen, aber durch das klar dargestellte Düngen im linken Bild ist zu erwarten, dass auch die Düngung des Waldes thematisiert wird. 

C) Kontext durch schriftliche Informationen

wald_c

Durch den Text am unteren Bildrand ist der Kontext vorgegeben, in dem der Vergleich stattfinden soll. Es geht offensichtlich um die Mineralstoffversorgung der Pflanzen. Durch die Anordnung des Textes auf der linken Seite entsteht unter dem Bild des Waldes die Leerstelle, die zur Frage führt.

D) Zusätzliche Fokussierung

wald_dDurch eine Umrandung wird die Leerstelle noch deutlicher. Offensichtlich fehlen hier Informationen, die durch Hypothesen gefüllt werden müssen. Es könnte abweichend von der Intention noch gefragt werden, ob auch die Pflanzen im Wald Mineralstoffe benötigen. Hier genügt aber ein Verweis auf die gegebene Information, die alle Pflanzen einschließt.

E) Weitere Verengung des Fokus

wald_e

Bei dieser Version wird die Frage weiter verengt, es bleibt eigentlich nur noch die nach dem Mineralstofflieferanten, da die Information zu den Mineralstoffen sich durch die zentrierte Platzierung auf beide Abbildungen bezieht.

F) Die Holzhammer-Methode

wald_f

Diese Variante nenne ich die Holzhammer-Methode, bei der die Schüler beinahe mit Hinweisen erschlagen werden. Pfeile weisen auf das zu beobachtende Phänomen (Boden) hin und ein Fragezeichen macht unmissverständlich klar, dass irgendetwas fragwürdig ist.

Wie man schon an der Benennung sehen kann, mag ich diesen Grad der Verengung nicht. Die Fragwürdigkeit sollte sich aus dem Material ergeben und nicht aus einem Fragezeichen.

Wahl des angemessenen Öffnungsgrades

Wie man sein Material letztlich gestaltet, hängt von den Intentionen und Umständen ab.

Folgende Aspekte sprechen für einen eher geschlossenen Einstieg: Wenig Zeit, Klasse mit geringer Erfahrung mit Problemorientierung, Klasse mit geringen Leistungsniveau, das Formulieren von Fragen fällt schwer, ...

Offenere Einstiege bieten sich an bei: Beginn einer Einheit, Gedanken/Vorwissen der Schüler soll abgeschätzt werden, Klasse hat Erfahrungen mit Problemorientierung, Klasse kann selbst strukturieren, ...

Ich habe mich in meiner 6. Klasse übrigens für Variante D entschieden. Im Nachhinein könnte ich in dieser Klasse aber sicher auch Variante B einsetzen, da unglaublich viele Ideen zusammenkommen (das würde eigentlich eher für einen geschlosseneren Einstieg sprechen), gleichzeitig aber die Schüler aufeinander eingehen und einzelne Fragen bereits so beantworten. Außerdem können Sie das Problemfeld bereits ansatzweise selbst strukturieren.

Varianten zum Download

Alle hier vorgestellten Varianten können hier als großes PDF-Dokument heruntergeladen werden.

AT Wer düngt den Wald - Variationen (PDF) Größe: 1,4 MB

Bestimmte Rechte vorbehalten 2007-2009 Nils Raschke | Datenschutzerklärung und Impressum